Der Punkt ist bei Fensterkultur (also NICHT im Gewächshaus) m.E. folgender:
Tagsüber ist der Effekt des Sprühens bei Sonnenschein und Wärme viel zu kurzfristig als dass er den Orchideen nützen würde - bevor sie ihren Stoffwechsel auf Atmung umstellen, ist der Effekt schon wieder weg. Sprühe ich nun mehrmals hintereinander, um den Zeitraum erhöhter Luftfeuchtigkeit zu strecken, was natürlich auch recht zeitaufwendig ist und wohl kaum eine Alltagspraxis sein kann, dann trage ich vor allem viel zu viel Wasser in das Substrat ein - die höhre rel. Luftfreuchtigkeit ist sofort wieder weg sobald ich mit dem Sprühen aufhöre.
Nachts hält der Effekt bei Nachtabsenkung deutlich länger und kommt insbesondere Cattleyen und Laelien zugute, die ebenso wie Kakteen CAM-Stoffwechsel machen, also ihre Spaltöffnungen tagsüber geschlossen halten, weil dann auch am Naturstandort die Sonneneinstrahlung zu stark und die Luft zu trocken sein kann, so dass sie zu viel Feuchtigkeit verlieren würden. Will man also z.B. Cattleyen etwas Gutes tun, dann sollte man vor allem nachts sprühen und weniger oder gar nicht tagsüber.
Es trifft allerdings zu, dass stehendes Wasser in Blattscheiden o.ä. sehr leicht zu Schäden bis hin zum Verlust der Pflanzen führen kann. Dies hat aber nichts oder nur sehr wenig mit dem Problem des nächtlichen Sprühens zu tun, sondern mit mangelnder Luftzirkulation: Es muss gewährleistet sein, dass alle Teile der Orchidee (also auch Blattachseln u.ä.) innerhalb weniger Stunden trocknen. Dies geschieht in der freien Natur durch permantente Luftbewegung. Ist diese am Fenster nicht oder nur zu gering gegeben, dann bleibt das Wasser in der Blattachsel stehen. Keime, die sich immer in der Umgebungsluft und im Wasser selbst befinden, können dann die Pflanze in aller Ruhe angreifen.
Ergo sollte man, wenn es Problem gibt, dafür Sorge tragen, dass die Luftzirkulation verbessert wird, so dass auch kleine Wasseransammlungen in Blattachseln austrocknen, etwa durch zeitversetztes Zuschalten von Ventilatoren über einen bestimmten Zeitraum hinweg. Ergänzend sollte auch das Sprühwasser kontrolliert werden, das möglichst frisch und unbelastet sein sollte - in stehendem Wasser explodiert die Zahl der Keime bei Zimmertemperatur in kürzester Zeit!